20.05.2021

Schüler leiden in der Krise besonders stark

Die Welt der Erwachsenen ist seit geraumer Zeit aus den Fugen geraten. Jeder sieht sich dieser Tage einer Situation ausgesetzt, die den täglichen Alltag zu einer echten Belastungsprobe macht.

Der Wunsch nach Normalität ist dabei oftmals genauso allgegenwärtig wie die Sorgen und Ängste vor der eigenen Zukunft. Jobs stehen auf dem Spiel, Hobbys müssen aufgegeben oder eingeschränkt werden – und auch sonst geht die Corona-Pandemie an keinem wirklich spurlos vorbei.

Doch wie fühlen sich die jungen Menschen in unserer Gesellschaft? Versetzt man sich einmal in die Lage der Kinder und Jugendlichen, so scheinen die meisten Sorgen der Erwachsenen eher zu verblassen. Denn für sie ist die Normalität in vielen Belangen bis auf unbestimmte Zeit fast vollständig ausgesetzt. Manche Schüler waren seit Oktober letzten Jahres nicht mehr in der Schule. Es fehlt an sozialen Kontakten, am Sportangebot und an der Bewegung.

Die Psyche leidet

Dabei leidet nicht nur die körperliche Gesundheit, sondern auch die Psyche der jungen Menschen. Neben den eigenen Sorgen werden auch jene der Eltern immer spürbarer und münden so nicht selten in einer Welle der Ratlosigkeit.

Viele Kinder und Jugendliche sind vermehrt häuslicher Gewalt ausgesetzt. Vor der Pandemie hat oft die Schule bei solchen Problemfällen helfen können, da Lehrkräfte auf blaue Flecken oder Ähnliches aufmerksam wurden und somit helfende Schritte einleiten konnten, um das Kindeswohl zu schützen. In den eigenen vier Wänden sind Kinder und Jugendliche aktuell sich selbst überlassen.

Noten haben sich verschlechtert

Sieht man einmal von den Extremfällen ab, in denen Kinder und Jugendliche zu Hause in Gefahr geraten, so sehen sich Kinder und Jugendliche aus intakten Familienverhältnissen ebenso mit großen Schwierigkeiten konfrontiert. Bei mehr als der Hälfte der Schülerinnen und Schüler haben sich die Noten verschlechtert. Zukunftsängste wachsen, aber auch der Druck, mit der Gesamtsituation zurechtkommen zu müssen. So stellt derzeit etwa die Prüfungsphase für alle Abschlussklassen einen mentalen Drahtseilakt dar.

Die Prüflinge müssen nämlich mit dem Risiko leben, ihre Prüfungen womöglich verschieben zu müssen, falls sie sich zu diesem Zeitpunkt in häuslicher Quarantäne befinden sollten. Wie der Alltag nun gezeigt hat, sind das nicht bloß Einzelfälle.

Verloren in den „sozialen Medien“

Davon abgesehen, verlieren sich viele Kinder und Jugendliche zunehmend in der Welt der sozialen Medien oder verbringen sehr viel Zeit vor der eigenen Spielkonsole. Zum Teil verbringen manche Kinder fast den ganzen Tag vor dem Bildschirm, da sie nicht nur neben dem Remote-Unterricht vor dem PC sitzen, sondern auch danach vor dem Fernseher oder dem Handy.

Es hat sich gezeigt, dass sich einige Kinder und Jugendliche mehr und mehr aus dem Schulleben ausklinken und mit jeder weiteren Lernlücke an Selbstvertrauen verlieren, in der Schule dran bleiben zu wollen. Zum Teil geht dies mit einer steigenden Null-Bock Mentalität einher, aber auch Suizid-Gedanken mehren sich bereits.

An eine Aufarbeitung der bestehenden Defizite ist somit bei vielen Schülern gar nicht mehr zu denken. Es gilt offenbar das Motto: Augen zu und durch. Aber mit welchen Folgen für unsere Gesellschaft? Bildung und Pädagogik sind nicht nur die Schlüssel zur Demokratie, sondern auch für Innovation und den Zusammenhalt einer ganzen Gesellschaft. Wer die Bildung aufs Spiel setzt, setzt damit nicht nur die Zukunft der jungen Menschen als Individuum aufs Spiel, sondern auch die Zukunft eines ganzen Landes.

Doppelt und dreifach betroffen

Die Schere der Schülerschaft hat sich durch die Corona-Pandemie drastisch geöffnet. Viele Schüler verlieren den Anschluss an die Bildung und somit an die Zukunft. Natürlich sind Kinder und Jugendliche aus sozial benachteiligten Verhältnissen hier noch einmal doppelt und dreifach betroffen.

Chancengleichheit in der Bildung sieht derzeit etwas anders aus. Kinder und Jugendliche, die aktuell gut betreut sind, werden wohl vergleichsweise unbeschadet aus der Corona-Pandemie kommen. Oftmals sind dies Kinder aus besser situierten Gesellschaftsschichten oder Kinder, bei denen die Eltern trotz ihres (Arbeits)alltags derzeit Bäume ausreißen, um ihren Kindern eine einigermaßen optimale Unterstützung und Betreuung anbieten zu können.

Familien sind überfordert

Aber nicht jeder Elternteil sieht sich in der Lage, zu Hause bei den Aufgaben helfen zu können oder den Kindern einen professionellen Nachhilfelehrer zur Verfügung zu stellen. Oft stellt all das einen Spagat dar, den man vielleicht an manchen, nicht jedoch an allen Wochentagen bewerkstelligen kann. Wer als Familie in einer kleinen Wohnung wohnt, wird hiervon einmal mehr ein Lied singen können.

Letztlich ist die Schule nicht nur ein Lernort der Wissensvermittlung. Der Begriff Schule steht für Leben, Erfahrungen sammeln, Empathie entwickeln, Toleranz und Akzeptanz lernen und Demokratie er- und vorleben. All diese Werte werden – soweit bestehende und leider oftmals veraltete Konzepte dies in der Summe zulassen – täglich an junge Menschen vermittelt.

Quelle: Bergsträßer Anzeiger

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